Beim Immobilienkauf geht es nicht nur um den Kaufpreis. Viele Käufer:innen denken, sie zahlen nur das, was im Angebot steht. Doch dann kommt die Rechnung: Notarkosten, Grunderwerbsteuer, Maklerprovision - plötzlich sind es 10 bis 15 Prozent mehr, als sie geplant hatten. Das ist kein Zufall. Es ist System. Und es zerstört Vertrauen.
Was genau sind Kaufnebenkosten?
Kaufnebenkosten sind alle Kosten, die zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis anfallen, wenn du eine Immobilie kaufst. Sie sind nicht freiwillig, nicht optional - sie sind gesetzlich vorgeschrieben. In Deutschland gehören dazu:- Grunderwerbsteuer: Eine Steuer, die das Bundesland erhebt. Sie liegt zwischen 3,5 % in Bayern und 6,5 % in Nordrhein-Westfalen oder Brandenburg.
- Notar- und Grundbuchgebühren: Der Notar dokumentiert den Kauf, meldet ihn im Grundbuch an und prüft alle Rechte. Diese Kosten liegen bei 1,5 % bis 2 % des Kaufpreises.
- Maklerprovision: Wenn ein Makler involviert ist, fällt eine Provision an. Sie liegt zwischen 3 % und 7 % des Kaufpreises, zuzüglich Mehrwertsteuer. Seit 2020 muss sie in der Regel zur Hälfte vom Käufer und zur Hälfte vom Verkäufer getragen werden - doch das wissen viele nicht.
Ein konkretes Beispiel: Ein Haus in Mecklenburg-Vorpommern kostet 480.000 Euro. Die Nebenkosten betragen 52.680 Euro - das sind 10,98 %. Davon: 28.800 Euro Grunderwerbsteuer (6 %), 9.600 Euro Notarkosten (2 %) und 14.280 Euro Maklerprovision (3 %). Der Käufer zahlt also fast 11 % mehr als der Preis im Angebot.
Warum ist Transparenz so wichtig?
Stell dir vor, du suchst ein neues Auto. Der Händler sagt: „30.000 Euro, inklusive aller Gebühren.“ Du kaufst. Später erfährst du: Die Zulassung kostet 800 Euro, die Steuer 1.200 Euro, die Versicherung 600 Euro - das war nicht drin. Du fühlst dich betrogen. Genau das passiert beim Immobilienkauf - nur mit viel größeren Summen.Die BBSR-Studie 2025 zeigt: 78 % der Käufer:innen unterschätzen die tatsächlichen Nebenkosten. Viele erfahren sie erst beim Notartermin - zu spät, um noch umzudenken. Das führt zu finanziellen Engpässen, Stress, manchmal sogar zum Abbruch der Transaktion. Und das, obwohl es leicht wäre, alles von Anfang an klar zu sagen.
Transparenz ist kein Bonus - sie ist die Grundlage für Vertrauen. Wer die Kosten offen legt, signalisiert: „Ich will keinen Trick, ich will einen fairen Deal.“ Das macht den Unterschied zwischen einem Käufer, der sich abschrecken lässt, und einem, der bereit ist, zuzusagen.
Wie kommunizierst du Kaufnebenkosten richtig?
Es reicht nicht, „Kaufnebenkosten ca. 10 %“ zu schreiben. Das ist vage. Es ist ein Ablenkungsmanöver. Richtig kommunizieren heißt: konkret, klar, individuell.- Teile die Kosten in einzelne Posten auf. Nenne nicht nur den Gesamtbetrag, sondern: Grunderwerbsteuer, Notarkosten, Maklerprovision. Jeder Posten einzeln.
- Zeige die Berechnung. „Kaufpreis: 500.000 €. Grunderwerbsteuer: 6,5 % = 32.500 € (Stand: Nordrhein-Westfalen). Notarkosten: 2 % = 10.000 €. Maklerprovision: 3,57 % = 17.850 € (je zur Hälfte vom Käufer und Verkäufer). Gesamt: 60.350 €.“
- Erwähne regionale Unterschiede. Die Grunderwerbsteuer ist nicht bundesweit gleich. Wenn das Objekt in Berlin liegt, sag es. Wenn es in Bayern ist, sag es. Keine Standardangaben.
- Erkläre die Maklerprovision. Viele glauben, der Käufer zahlt alles. Das ist falsch. Seit 2020 ist die Provision in der Regel zu gleichen Teilen aufgeteilt. Sag das klar. Es ist ein entscheidender Punkt.
- Verweise auf verlässliche Quellen. „Berechnung basiert auf den aktuellen Steuersätzen des Bundeslandes gemäß BBSR 2025 und Volksbank Ulm-Biberach-Ratgeber.“
Ein Beispiel aus der Praxis: Die Volksbank Ulm-Biberach bietet einen interaktiven Kaufnebenkosten-Rechner an. Der Käufer gibt den Kaufpreis und den Standort ein - und bekommt sofort eine detaillierte Aufschlüsselung. Das ist kein Marketing-Trick. Das ist Service.
Was passiert, wenn du es nicht tust?
Die Folgen sind nicht nur emotional - sie sind wirtschaftlich.- Verlängerung der Verkaufszeit: Die BBSR-Studie zeigt, dass unsichere Angebote die Kaufentscheidung um durchschnittlich 17 Tage verzögern.
- Verlust von Vertrauen: Wer die Kosten versteckt, wirkt wie jemand, der etwas zu verbergen hat. Das ist schwer wieder gutzumachen.
- Rechtliche Risiken: Wenn ein Käufer später behauptet, er sei über die Kosten nicht aufgeklärt worden, kann das zu Streitigkeiten führen - sogar vor Gericht.
- Wettbewerbsnachteil: In einem Markt, wo immer mehr Anbieter transparent sind, wirkt du wie ein Rückständiger.
Die Immobilienwirtschaftsprofessorin Dr. Sabine Wagner sagt: „Fehlende Transparenz führt zu einem asymmetrischen Informationsstand.“ Das bedeutet: Der Verkäufer weiß alles, der Käufer weiß nichts. Das ist kein fairer Markt. Das ist ein Missbrauch der Informationsmacht.
Was ändert sich bald?
Die Zeiten ändern sich. Die Politik reagiert.- Ab Januar 2026 soll ein verpflichtendes Kaufnebenkosten-Transparenzregister eingeführt werden. Anbieter müssen ihre Kostenangaben dort hinterlegen.
- Die Bundesregierung prüft bis Mitte 2026 die Einführung eines bundeseinheitlichen Maklercourtage-Spiegels - ähnlich wie den Mietspiegel. Dann weiß jeder: In dieser Stadt liegt die Provision bei X Prozent.
- Einige Pilotprojekte, wie die Blockchain-basierte Kaufabwicklung in Berlin, zeigen: Mit digitaler Automatisierung lassen sich Kostenfehler um 78 % reduzieren.
Das ist kein Trend. Das ist eine gesetzliche Entwicklung. Wer jetzt noch nicht transparent ist, wird bald gezwungen sein - und dann ohne Vorlauf. Besser jetzt anfangen.
Wie du dich vorbereitest
Du bist Immobilienmakler, Bauträger oder privater Verkäufer? Hier ist, was du tun kannst:- Erstelle eine Standardvorlage für deine Angebote mit allen Kostenposten - pro Bundesland angepasst.
- Schul deine Mitarbeiter. 45 % der Fehler bei der Kostenberechnung entstehen durch falsche Steuersätze. Eine Einarbeitung von 3-5 Tagen reicht, um das zu vermeiden.
- Verwende digitale Tools. Nutze Rechner wie die von Aktiva-Immobilien oder Volksbank. Sie sind kalibriert, aktuell und fehlerarm.
- Erwähne die Teilung der Maklerprovision. Das ist der Punkt, den die meisten vergessen - und der Käufer am meisten überrascht.
- Erkläre, warum du das tust. Schreibe: „Wir kommunizieren alle Kosten von Anfang an, damit du eine fundierte Entscheidung treffen kannst.“
Die BBSR-Studie sagt: Anbieter mit vollständiger Kostenkommunikation erreichen eine 32 % höhere Abschlussquote. Das ist kein Zufall. Das ist Logik. Menschen kaufen, wenn sie sich sicher fühlen. Und sie fühlen sich sicher, wenn sie alles wissen.
Fazit: Transparenz ist deine Wettbewerbsstärke
Kaufnebenkosten sind kein Problem. Sie sind eine Gelegenheit. Wenn du sie offen kommunizierst, stellst du dich als vertrauenswürdig, professionell und kundenorientiert dar. Du löst Ängste. Du sparst Zeit. Du vermeidest Streit. Und du gewinnst mehr Verkäufe.Der Markt wird immer transparenter. Wer jetzt nicht mitgeht, wird zurückgelassen. Nicht weil die Gesetze es verlangen - sondern weil die Kunden es erwarten.
Dein Angebot sollte nicht nur sagen, was die Immobilie kostet. Es sollte sagen: „Hier ist alles. Keine Überraschungen. Keine versteckten Kosten. Du kannst vertrauen.“
Wie hoch sind die Kaufnebenkosten im Durchschnitt in Deutschland?
Im Durchschnitt betragen die Kaufnebenkosten in Deutschland etwa 10 % des Kaufpreises. Je nach Bundesland und Immobilientyp können sie aber zwischen 8 % und 15 % liegen. Die Grunderwerbsteuer variiert von 3,5 % in Bayern bis 6,5 % in Nordrhein-Westfalen. Notarkosten liegen bei 1,5-2 %, die Maklerprovision bei 3-7 % zuzüglich Mehrwertsteuer.
Wer zahlt die Maklerprovision - Käufer oder Verkäufer?
Seit Ende 2020 ist die Maklerprovision in der Regel zu gleichen Teilen auf Käufer und Verkäufer aufgeteilt. Das heißt: Jeder zahlt die Hälfte. Viele Käufer wissen das nicht - deshalb ist es wichtig, es im Angebot klar zu kommunizieren. In Großstädten wie Berlin oder Hamburg liegt die Provision oft bei 3,57 % pro Partei.
Warum sind die Kosten so unterschiedlich in den Bundesländern?
Die Grunderwerbsteuer wird von den Bundesländern selbst festgelegt. Das liegt an der deutschen Föderalstruktur: Jedes Land entscheidet selbst über seine Steuersätze. Nordrhein-Westfalen und Brandenburg haben mit 6,5 % die höchste Steuer, Bayern mit 3,5 % die niedrigste. Notarkosten sind bundesweit einheitlich berechnet, aber die Grundbuchgebühren können leicht variieren.
Kann ich Kaufnebenkosten vermeiden?
Nicht komplett - aber du kannst sie reduzieren. Wenn du ohne Makler verkaufst, sparst du die Provision. Du kannst auch versuchen, den Notar selbst zu wählen, wenn der Verkäufer einen vorgibt - manchmal gibt es günstigere Tarife. Die Grunderwerbsteuer kannst du nicht umgehen, aber du kannst sie genau berechnen, um Überraschungen zu vermeiden.
Was ist der Unterschied zwischen Kaufnebenkosten und Nebenkosten der Wohnung?
Kaufnebenkosten fallen nur beim Erwerb der Immobilie an - einmalig. Nebenkosten (Heizung, Wasser, Müll, Hauswartung) entstehen danach monatlich und werden als Betriebskosten abgerechnet. Viele verwechseln die beiden. Kaufnebenkosten sind eine einmalige Belastung beim Kauf, Nebenkosten sind laufende Kosten nach dem Einzug.
Wann muss ich die Kaufnebenkosten bezahlen?
Die Zahlung erfolgt meistens am Tag der Beurkundung beim Notar. Der Notar fordert die Grunderwerbsteuer und seine eigenen Gebühren ein. Die Maklerprovision wird meistens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder bei Übergabe der Wohnung fällig. Du solltest die Zahlungstermine im Kaufvertrag genau prüfen.