Wie viel kostet es wirklich, ein neues Haus an Strom, Wasser, Gas und Kanal anzuschließen?
Beim Bau eines neuen Hauses denken viele an die Kosten für das Grundstück, die Bauhölzer, die Dachdeckung - aber fast immer vergessen sie die Anschlusskosten. Dabei sind diese Kosten nicht nur unvermeidlich, sondern oft der größte unerwartete Posten im Budget. Wer glaubt, 5.000 Euro reichen für alle Leitungen, liegt falsch. Die Realität sieht anders aus: Wer ein Einfamilienhaus baut, muss mit 10.000 bis 20.000 Euro rechnen - und das ist nur die Grundversorgung. Kein Wunder, dass 68 % der Bauherren in Umfragen sagen, ihre Endkosten lagen 15-25 % über der ursprünglichen Schätzung.
Warum die Kosten so stark schwanken - und woher sie kommen
Es gibt keine einheitlichen Preise für Strom, Wasser oder Gasanschluss in Deutschland. Jede Stadt, jedes Dorf, sogar jede Straße hat ihre eigenen Regeln. Der Grund: Die Netzbetreiber sind regionale Monopole. In Bayern ist der Stromanschluss anders berechnet als in Nordrhein-Westfalen. In einer ländlichen Gegend mit langen Leitungsstrecken kostet es deutlich mehr als in einem dicht bebauten Neubaugebiet, wo die Leitungen schon unter der Straße liegen.
Die Kosten setzen sich aus drei Teilen zusammen: der Anschlussgebühr, den Baukostenzuschüssen und den Herstellungskosten. Die Anschlussgebühr ist festgelegt - sie zahlt man an den Versorger. Der Baukostenzuschuss ist ein Anteil, den der Bauherr für die Erweiterung des Netzes zahlt - maximal die Hälfte der tatsächlichen Kosten. Und die Herstellungskosten? Die entstehen beim Graben, Verlegen der Leitungen, Einbau der Zähler. Hier wird es richtig teuer, besonders wenn der Boden felsig ist oder die Hauptleitung 200 Meter entfernt steht.
Stromanschluss: Was wirklich im Rechnungsbetrag steht
Ein Stromanschluss klingt einfach: Leitung von der Straße ins Haus, Zähler einbauen, fertig. Aber wie viel kostet das wirklich? Die Zahlen variieren stark. Einige Versorger rechnen mit 2.000-4.000 Euro, andere bieten schon ab 800 Euro an. Warum dieser riesige Unterschied?
Beispiel: EWE Netz berechnet für einen 30-kW-Anschluss mit 100 Metern Leitungslänge genau 1.273 Euro. Klingt günstig? Aber das ist nur der Basispreis. Wenn du auf einem Hügel baust und die Leitung 150 Meter durch Fels führen muss, kommen schnell 2.000 Euro mehr dazu. Und wenn du Erdkabel verlegen willst statt Freileitung - dann zahlt du nochmal 20-30 % mehr. Die Verbraucherzentrale warnt: Viele Bauherren merken erst beim Graben, dass sie statt Freileitung ein Erdkabel brauchen - und das kostet.
Wichtig: Du brauchst auch Baustrom. Während der Bauphase mietest du einen Verteiler. Der kostet 150-300 Euro pro Monat. Wenn dein Bau 6 Monate dauert, sind das schon 900-1.800 Euro extra - oft nicht im Budget eingerechnet.
Wasseranschluss: Nicht nur das Rohr, sondern auch der Zähler
Wasser ist ein Grundrecht - aber nicht kostenlos. Die Kosten für den Wasseranschluss liegen zwischen 1.000 und 5.000 Euro. In manchen Kommunen gibt’s günstige Pauschalen, in anderen wird jedes Meter Rohr einzeln berechnet. Der Durchschnitt liegt bei 3.000-4.000 Euro.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Bauherr in Baden-Württemberg bekam eine Rechnung von 974,77 Euro für den Bauwasseranschluss - aber das war nur der provisorische Anschluss für die Baustelle. Der endgültige Anschluss mit Zähler und Leitung ins Haus kam später mit 3.200 Euro. Und das ist typisch. Viele Versorger verlangen einen Zuschlag für die Wassermenge, die du im Bauzustand verbrauchst. Wer 80 Kubikmeter Wasser für Beton, Putz und Reinigung braucht, zahlt extra.
Und dann gibt’s noch die Regenwasserversickerung. Ab 2025 müssen viele Kommunen neue Vorschriften einhalten: Regenwasser darf nicht mehr einfach in den Kanal fließen. Du brauchst eine Versickerungsanlage - das kostet 500-1.500 Euro extra. Das steht oft nicht im Angebot, aber im Baurecht.
Gasanschluss: Wird er bald überflüssig?
Gas war lange die Standardheizung. Aber seit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom 1. Juli 2024 ist das vorbei. Ab 2025 müssen Neubauten mit mindestens 65 % erneuerbarer Energie beheizt werden. Das bedeutet: Wer heute baut, braucht keinen Gasanschluss mehr - oder nur, wenn er eine Hybridheizung will. Die Nachfrage nach Gasanschlüssen wird bis 2027 um 40 % sinken.
Dennoch: Wer jetzt baut und Gas will, muss mit 2.300-3.700 Euro rechnen. Das setzt sich zusammen aus einem Baukostenzuschuss von 800-1.200 Euro und den eigentlichen Anschlusskosten von 1.500-2.000 Euro. Dazu kommen noch 500-1.200 Euro für die Verlegung der Leitung im Haus und 50-120 Euro für den Gaszähler. Wichtig: Der Gasanschluss muss vor der Heizungsinstallation beantragt werden. Sonst kann der Zähler nicht montiert werden - und die Heizung bleibt aus.
Ein kluger Bauherr fragt sich heute: Brauche ich Gas überhaupt? Eine Wärmepumpe kostet zwar mehr upfront, aber keine Gasleitung, keine jährliche Wartung, keine Abhängigkeit von Gaspreisen. Wer heute baut, sollte sich das genau überlegen.
Kanalanschluss: Der teuerste und am meisten unterschätzte Anschluss
Der Kanalanschluss ist der teuerste Teil der Erschließung - und fast immer der größte Schock. Die Kosten liegen zwischen 1.500 und 8.000 Euro. Warum so viel? Weil du nicht nur ein Rohr verlegst, sondern auch einen Schacht, einen Anschluss an die Hauptleitung, eine Prüfung und oft eine neue Entwässerungsanlage.
Ein Nutzer auf dem Bauexpertenforum berichtete von 2.800 Euro Kosten - nur weil der Boden felsig war. Der Bauunternehmer musste mit Bohrgeräten arbeiten, statt zu graben. Das kostet. In manchen Kommunen gibt’s sogar eine zusätzliche Gebühr für die Entwässerung von Regenwasser - das ist neu seit 2025. Wer das nicht kennt, rechnet mit 3.000 Euro und bekommt eine Rechnung von 5.500 Euro.
Und vergiss nicht: Du brauchst einen provisorischen Abwasseranschluss während der Bauphase. Die Kosten dafür liegen bei 400-700 Euro pro Monat. Bei einem 5-monatigen Bau: 2.000-3.500 Euro. Das wird oft komplett vergessen.
Wie du die Kosten kontrollierst - und nicht überrascht wirst
Die einzige Möglichkeit, keine bösen Überraschungen zu erleben: Du planst früh, fragst genau nach, und bündelst alles.
- Frühzeitig beantragen: Mindestens 6-8 Wochen vor Baubeginn. Einige Versorger brauchen bis zu 4 Monate für die Genehmigung.
- Bündeln: Alle Anschlüsse - Strom, Wasser, Gas, Kanal - in einem Antrag zusammenlegen. Das spart bis zu 1.200 Euro an Koordinationskosten.
- Genau nachfragen: Nicht nur nach der Gebühr, sondern nach: Wie lange ist die Leitung? Ist Erdkabel oder Freileitung vorgesehen? Gibt es einen Zuschlag für felsigen Boden? Ist Regenwasser separat berechnet?
- Belege aufbewahren: Alle Rechnungen und Bescheide 10 Jahre lang aufheben. Sie sind steuerlich absetzbar - das Finanzamt verlangt sie bei der Immobilienbewertung.
Was du heute noch tun kannst - und was sich ändern wird
Die Kosten für Hausanschlüsse steigen. Die Bundesnetzagentur genehmigte 2023 Steigerungen von 8,7 % bei Strom und 6,3 % bei Gas. Die Deutsche Energieagentur prognostiziert bis 2027 einen Anstieg von 12-15 %. Warum? Weil die Energiewende teuer ist. Stromleitungen werden unter die Erde verlegt, Wasserleitungen werden modernisiert, Kanalnetze müssen nach den neuen Regeln für Regenwasser ausgebaut werden.
Aber es gibt auch eine positive Entwicklung: Fast alle Versorger haben jetzt Online-Portale. Du kannst Anträge stellen, den Stand prüfen, sogar Kostenrechner nutzen. 78 % der Anbieter haben das bis 2024 eingeführt. Das verkürzt die Wartezeit um 14 Tage - und macht alles transparenter.
Was du heute tust, zählt. Wenn du bauend die richtigen Fragen stellst, bündelst du Anträge, prüfst die Bodenbeschaffenheit und denkst an die Zukunft - dann vermeidest du nicht nur Überraschungen. Du sparst Geld. Und du baust nicht nur ein Haus. Du baust eine Immobilie, die auch in 10 Jahren noch wertvoll ist.