Wenn du Schimmel in deiner Wohnung siehst, ist der erste Gedanke oft: Wer zahlt das? Der Vermieter? Oder bist du selbst schuld? Ein Schimmelgutachten bringt Klarheit - aber nur, wenn es richtig gemacht ist. Viele Anbieter locken mit Preisen unter 200 Euro, doch diese Gutachten sind oft wertlos - oder sogar gefährlich. Ein echtes Schimmelgutachten kostet mindestens 300 Euro, oft mehr. Und es ist nicht einfach nur eine Aufnahme von schwarzen Flecken an der Wand. Es ist eine wissenschaftliche Untersuchung, die entscheidet, wer haftet, wer sanieren muss und ob du rechtlich auf der sicheren Seite bist.
Was genau macht ein Schimmelgutachten?
Ein Schimmelgutachten ist kein Bericht über „Schimmel da“ oder „Schimmel weg“. Es ist eine detaillierte Analyse, die drei Dinge klärt: Woher kommt die Feuchtigkeit?, Welche Schimmelpilzarten sind vorhanden? und Wer ist verantwortlich?. Der Gutachter kommt vor Ort, untersucht die betroffenen Stellen, misst die Luftfeuchtigkeit, macht Wärmebildaufnahmen und entnimmt Luftproben. Er prüft, ob es bauliche Mängel gibt - wie fehlende Dämmung, undichte Fenster, fehlerhafte Dachkonstruktion oder kaputte Rohre. Gleichzeitig prüft er, ob das Nutzerverhalten eine Rolle spielt: Wird richtig gelüftet? Wird zu viel getrocknet? Wird die Heizung abgestellt?Ein seriöser Gutachter sagt nicht: „Das ist Schimmel, machen Sie etwas.“ Er sagt: „Der Schimmel entsteht, weil die Außenwand nicht gedämmt ist und die Wärmebrücke an der Decken-Ecke zu Kondenswasser führt.“ Oder: „Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 85 %, weil die Wohnung nur zweimal täglich 5 Minuten gelüftet wird - das reicht nicht.“ Nur so kannst du wissen, ob du als Mieter handeln musst oder ob der Vermieter den Mangel beseitigen muss.
Wie viel kostet ein Schimmelgutachten?
Die Preise variieren stark - und das ist kein Zufall. Es gibt drei klar abgegrenzte Preisklassen.- Unter 300 Euro: Diese Angebote sind riskant. Oft handelt es sich um „Beratungen“ oder Kurzgutachten, die keine Luftproben enthalten, keine Thermografie machen und keine Ursachenanalyse durchführen. Viele dieser Anbieter verdienen ihr Geld nicht mit dem Gutachten, sondern mit dem Verkauf von Antischimmelfarben, Lüftungsgeräten oder Dämmung. Sie übertreiben den Schimmelbefall, um eine Sanierung zu verkaufen.
- 300 bis 700 Euro: Das ist der Standardbereich für ein fundiertes Privatgutachten. Hier bekommst du eine Ortsbegehung, Feuchtigkeitsmessungen, Thermografie, Luftproben und eine schriftliche Auswertung mit klaren Empfehlungen. Ein solches Gutachten ist für private Gespräche mit dem Vermieter oder für Versicherungen ausreichend.
- 700 bis 1.500 Euro: Das ist ein Vollgutachten, das vor Gericht Bestand hat. Es enthält detaillierte Protokolle, Laboranalysen, Fotos, Messwerte, Begründungen und eine rechtssichere Dokumentation. Wer einen Mietrechtsstreit erwartet, braucht dieses Gutachten. Ein Verkehrswertgutachten, das den Wertverlust der Immobilie berechnet, kostet oft 0,5 % des Verkehrswerts - bei einer Wohnung im Wert von 200.000 Euro also rund 1.000 Euro.
Ein Gutachter, der dir einen Preis von 150 Euro nennt, sollte dich warnen - nicht verführen. Wer mit so niedrigen Preisen wirbt, hat kein Interesse an einer objektiven Analyse. Er will dich zum Kunden für eine Sanierung machen.
Welche Arten von Schimmelgutachten gibt es?
Nicht jedes Gutachten ist gleich. Je nach Zweck unterscheidet man vier Typen:- Mündliche Stellungnahme: Kurze Einschätzung vor Ort. Kostet 100-200 Euro. Nur sinnvoll, wenn du schnell eine erste Einschätzung brauchst - aber kein rechtlicher Nachweis.
- Kurzgutachten: Schriftliche Zusammenfassung, oft 5-10 Seiten. Enthält Fotos und einfache Messwerte. Preis: 200-500 Euro. Gut für Gespräche mit dem Vermieter, aber nicht vor Gericht.
- Beweissicherungsgutachten: Detaillierter, mit Laboranalysen, Luftproben und dokumentierten Messwerten. Preis: 300-600 Euro. Ideal, wenn du den Mangel offiziell anzeigst oder eine Versicherung informierst.
- Vollgutachten: Umfassend, rechtssicher, mit detaillierter Begründung und Nachweisen. Mindestens 30 Seiten. Preis: 500-1.000 Euro. Nur so ein Gutachten wird von Gerichten anerkannt. Wenn du vor Gericht ziehen willst, ist das dein einziger Weg.
Wenn du denkst, ein Kurzgutachten reicht, weil du „nur reden“ willst - dann irre dich nicht. Ein Vermieter, der nicht kooperiert, wird dich vor Gericht zwingen, ein Vollgutachten vorzulegen. Dann zahlt du doppelt: erst das Kurzgutachten, dann das teurere Vollgutachten.
Wie läuft ein Schimmelgutachten ab?
Ein professionelles Verfahren folgt einem klaren Ablauf:- Terminvereinbarung: Du buchst einen Termin mit einem zertifizierten Sachverständigen. Achte darauf, dass er nicht gleichzeitig Sanierungen anbietet - das ist ein Interessenkonflikt.
- Ortsbegehung: Der Gutachter kommt vorbei, untersucht alle betroffenen Räume, notiert die Stellen, macht Fotos und fragt nach deinem Lüftungsverhalten.
- Messungen: Mit kapazitiven Feuchtigkeitsmessern wird die Wandfeuchtigkeit gemessen. Mit Thermografie-Kameras werden Wärmebrücken sichtbar gemacht - oft sind das die Ursachen, die du mit bloßem Auge nicht siehst.
- Luftproben: Ein Luftproben-Test zeigt, welche Schimmelpilzarten in der Luft schwimmen und ob sie gesundheitlich bedenklich sind. Das ist kein Luxus - das ist nötig, um den Befall objektiv zu bewerten.
- Analyse: Der Gutachter verknüpft alle Daten: Feuchtigkeit + Temperatur + Bauphysik + Nutzerverhalten. Er prüft, ob die Wohnung den Bauregeln entspricht und ob du als Mieter tatsächlich falsch handelst.
- Bericht: Nach 5-14 Tagen bekommst du einen schriftlichen Bericht mit klaren Aussagen: „Schimmelursache ist eine ungedämmte Außenwand“ oder „Schimmel entsteht durch unzureichende Lüftung“.
Ein guter Gutachter erklärt dir alles persönlich - nicht nur schriftlich. Er zeigt dir, wo die Wärmebrücke ist, wie du die Feuchtigkeit reduzierst und warum das Problem nicht mit einer neuen Farbe verschwindet.
Wer zahlt das Gutachten?
Das ist der entscheidende Punkt. In Deutschland gilt: Der Vermieter hat die Beweislast. Er muss nachweisen, dass der Schimmel nicht durch bauliche Mängel entstanden ist. Wenn er das nicht kann, trägt er die Kosten - für das Gutachten und für die Sanierung.Du als Mieter musst den Schimmel erst einmal melden - schriftlich, mit Datum. Dann solltest du dem Vermieter eine angemessene Frist setzen - etwa vier Wochen - um einen Gutachter zu beauftragen. Wenn er nicht reagiert, kannst du selbst einen Gutachter beauftragen. Und dann: Du zahlst vorerst. Aber du kannst die Kosten später vom Vermieter zurückverlangen, wenn das Gutachten beweist, dass er schuld ist.
Wenn du das Gutachten selbst bezahlst und es zeigt: „Schimmel durch mangelnde Lüftung“ - dann musst du die Kosten tragen. Aber das ist selten. In über 70 % der Fälle, die vor Gericht kommen, liegt die Ursache im Bau - nicht im Verhalten.
Wie findest du einen seriösen Schimmelgutachter?
Nicht jeder, der „Schimmelgutachten“ anbietet, ist seriös. Hier sind drei Regeln:- Kein Angebot vor Ort: Ein seriöser Gutachter bietet dir nicht an, gleich eine Sanierung zu verkaufen. Wenn er dir sagt: „Ich mache das Gutachten und ich mache auch die Sanierung“ - lauf weg.
- Keine Pauschalen unter 300 Euro: Wenn er dir sagt: „250 Euro für alles“, dann ist er kein Gutachter - er ist ein Verkäufer.
- Zertifizierung prüfen: Suche nach Sachverständigen, die von anerkannten Verbänden zertifiziert sind: z. B. DEKRA, TÜV, IVD, oder der Bundesverband Deutscher Sachverständiger (BDSV). Sie haben strenge Qualitätsstandards.
Ein guter Gutachter gibt dir vor der Begehung ein Angebot mit klaren Leistungen: Was ist enthalten? Wie viele Messungen? Welche Labore? Wie lange dauert der Bericht? Und: Was kostet der Bericht? Keine Überraschungen nach der Begehung.
Was passiert, wenn du ein schlechtes Gutachten bekommst?
Ein falsches Gutachten kann dich teuer zu stehen kommen. Wenn du glaubst, der Vermieter sei schuld, und du ein billiges Gutachten vorlegst, das sagt: „Schimmel durch Lüftungsfehler“ - dann verlierst du den Prozess. Du zahlst nicht nur das Gutachten, sondern auch die Anwaltskosten. Und du musst die Sanierung selbst bezahlen.Manche Anbieter übertreiben den Schimmel, um Sanierungen zu verkaufen. Sie sagen: „Das ist giftiger Schimmel, Sie müssen sofort sanieren.“ Dabei ist der Schimmel nur ein kosmetisches Problem. Andere unterschätzen ihn und sagen: „Ist doch nur ein Fleck.“ Dabei ist die Wand komplett durchfeuchtet und der Putz bröckelt.
Ein seriöses Gutachten sagt: „Es gibt Schimmelpilz der Art Aspergillus versicolor, der bei langfristiger Belastung allergische Reaktionen auslösen kann. Die Ursache ist eine Wärmebrücke an der Decke, die durch fehlende Dämmung entstanden ist. Die Sanierung erfolgt durch Nachdämmung und Luftaustausch.“
Das ist der Unterschied: Fakten statt Angst.
Was kommt als Nächstes?
Nach dem Gutachten hast du drei Möglichkeiten:- Verhandlung: Zeige den Bericht dem Vermieter. Oft löst das die Sanierung aus - ohne Gericht.
- Sanierung: Wenn der Vermieter zahlt, wird die Ursache beseitigt - Dämmung, Fenster, Rohre. Dann wird die Wand trockengelegt und neu verputzt.
- Gericht: Wenn der Vermieter nicht reagiert, legst du das Vollgutachten als Beweis vor. Dann bekommst du nicht nur die Sanierung, sondern auch die Kosten für das Gutachten und eventuell Schadensersatz.
Wichtig: Du hast Anspruch auf eine ordnungsgemäße Wohnung. Schimmel ist kein „kleiner Mangel“. Er ist ein gesundheitliches Risiko und ein baulicher Mangel. Und du hast das Recht, ihn beseitigt zu bekommen - ohne dass du dafür zahlen musst, wenn du nicht schuld bist.
Wie vermeidest du Schimmel in Zukunft?
Ein Gutachten sagt dir, was du falsch gemacht hast - oder was dein Vermieter versäumt hat. Aber was kannst du tun, um es nicht wieder zu passieren?- Lüfte mindestens 3-4 Mal täglich 5-10 Minuten - quer durch die Wohnung, nicht nur kurz die Kippstellung.
- Heize alle Räume gleichmäßig - auch das Bad und die Küche. Kälte = Kondenswasser.
- Vermeide Trockner in der Wohnung. Lüfte nach dem Duschen sofort.
- Prüfe jährlich die Dämmung und Fensterdichtungen - besonders vor dem Winter.
- Wenn du eine neue Wohnung kaufst: Lass eine energetische Begutachtung machen - Schimmel entsteht oft nach Sanierungen, die die Luftzirkulation blockieren.
Schimmel ist kein Zufall. Er ist das Ergebnis von Bauweise, Nutzung und Vernachlässigung. Ein gutes Gutachten zeigt dir, wo der Fehler liegt - und wie du ihn behebst. Ohne es bleibst du im Dunkeln. Mit ihm bekommst du Recht, Sicherheit und eine gesunde Wohnung.
Kann ich ein Schimmelgutachten selbst machen?
Nein. Ein eigenes Gutachten hat keine rechtliche Gültigkeit. Selbst wenn du ein Feuchtigkeitsmessgerät kaufst - es fehlt die fachliche Auswertung, die Laboranalyse und die rechtssichere Dokumentation. Nur ein zertifizierter Sachverständiger kann ein anerkanntes Gutachten erstellen. Sonst ist es nur eine Vermutung - und in einem Rechtsstreit wertlos.
Wie lange dauert ein Schimmelgutachten?
Die Ortsbegehung dauert 1-2 Stunden. Der schriftliche Bericht wird in der Regel innerhalb von 5 bis 14 Tagen erstellt. Laboranalysen brauchen bis zu 7 Tage. Wenn du ein schnelles Ergebnis brauchst, frag nach einem Express-Service - aber das kostet mehr.
Ist ein Schimmelgutachten steuerlich absetzbar?
Als Mieter nein - es ist keine Werbungskosten, sondern eine Rechtsdurchsetzung. Als Vermieter kann es als Instandhaltungskosten abgesetzt werden, wenn es zur Beseitigung eines Mängels dient. Bei einer Vermietung ist es eine betriebliche Ausgabe. Im Zweifel frage deinen Steuerberater.
Was passiert, wenn der Vermieter das Gutachten ignoriert?
Du kannst die Miete mindern - aber nur, wenn du den Mangel schriftlich angemeldet hast und eine Frist gesetzt hast. Danach kannst du einen Anwalt einschalten und vor Gericht ziehen. Ein Vollgutachten ist dein wichtigster Beweis. Ohne ihn verlierst du den Prozess. Die Gerichte akzeptieren keine mündlichen Aussagen oder billige Berichte.
Kann ich das Gutachten für eine andere Wohnung nutzen?
Nein. Jedes Schimmelgutachten ist spezifisch für die Wohnung, die Adresse und den Zeitpunkt. Es gilt nur für den konkreten Fall. Wenn du in eine neue Wohnung ziehst, musst du ein neues Gutachten erstellen - selbst wenn die Schimmelursache gleich ist.