Barrierefreie Türen und Wenderadien: Die wichtigsten Normmaße nach DIN 18040

Wenn du eine Wohnung umbaust oder ein neues Haus planst, dann solltest du nicht nur an Schönheit und Funktionalität denken - sondern auch an die Menschen, die darin leben. Barrierefreies Bauen ist kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit. Und die Regeln dafür stehen in der DIN 18040. Diese Norm ist der Maßstab für alles, was in Deutschland barrierefrei sein soll: Türen, Flure, Treppen, Bäder. Besonders kritisch sind die Maße für Türen und Wenderadien. Denn wenn die Tür zu schmal ist oder der Wendekreis zu klein, dann bleibt der Rollstuhl vor der Tür stehen - und mit ihm die Selbstständigkeit.

Wie breit muss eine barrierefreie Tür sein?

Mindestmaße für barrierefreie Türen nach DIN 18040-2:2011-09
Art der Tür Mindestbreite Mindesthöhe Kraftaufwand zum Öffnen
Wohnungstür / Hauptzugang 0,80 m 2,05 m ≤ 30 N
Durchgang / Flur 0,90 m 2,05 m ≤ 30 N
Bad- oder WC-Tür 0,80 m 2,05 m ≤ 30 N

Die Tür zur Wohnung muss mindestens 80 Zentimeter breit sein. Das klingt nach viel - ist es aber nicht. Ein Standardtürrahmen in alten Gebäuden ist oft nur 70 cm breit. Da passt kein Rollstuhl durch, nicht mal ein Gehwagen. Und wer mit einem Kinderwagen oder Einkaufswagen unterwegs ist, weiß: 80 cm ist die absolute Untergrenze. Besser ist 90 cm - besonders in Fluren, wo sich mehrere Menschen begegnen können.

Die Höhe ist genauso wichtig. 2,05 Meter sind Pflicht. Das reicht für fast alle Menschen. Aber: Wenn du jemanden mit hohen Stühlen oder einem besonders großen Rollstuhl erwartest, dann denk an 2,20 Meter. Die Norm sagt: Über Verkehrsflächen muss mindestens 2,20 Meter frei sein. Nur Türen und Durchgänge sind davon ausgenommen. Das ist ein häufiger Fehler. Wer eine Tür in einen Flur einbaut, der 2,20 Meter hoch ist, macht es nicht nur für Rollstuhlfahrer leichter - sondern auch für Menschen mit Gehhilfen oder schweren Koffern.

Und dann ist da noch die Kraft. Eine Tür, die man mit beiden Händen und voller Kraft aufdrücken muss, ist keine barrierefreie Tür. Die Norm sagt klar: Maximal 30 Newton. Das ist so viel, wie ein halber Liter Milch wiegt - und du musst das mit einer Hand schaffen. Elektrische Türöffner, Druckknöpfe oder leichte Schiebetüren sind die beste Lösung. Federmechanismen, die die Tür von selbst schließen, müssen so eingestellt sein, dass sie nicht zuknallen. Ein zu starkes Schließen ist gefährlich - besonders für Kinder oder Menschen mit eingeschränkter Handkraft.

Was ist ein Wenderadius - und warum ist er so wichtig?

Ein Wenderadius ist kein fancy Architektenbegriff. Er ist die Fläche, die jemand braucht, um mit einem Rollstuhl oder Gehwagen eine Richtung zu wechseln. Stell dir vor: Du fährst in einen Flur, willst umkehren - aber da ist kein Platz. Du bleibst stecken. Das ist nicht nur frustrierend - es ist lebensgefährlich, wenn du Hilfe brauchst und nicht rückwärts fahren kannst.

Die DIN 18040-1:2010-10 sagt: In allgemeinen Verkehrsflächen - also Fluren, die mehr als nur ein Zimmer verbinden - muss eine Breite von mindestens 150 cm vorhanden sein. Das ist die Standardbreite. Sie ermöglicht es zwei Personen mit Rollstühlen, sich problemlos zu begegnen und vorbeizufahren. Kein Drängeln. Kein Warten. Kein Risiko.

Aber: In engen Wohnungen, besonders bei Sanierungen, ist das oft nicht möglich. Dann gibt es eine Ausnahme: Wenn der Flur nicht länger als 6 Meter ist, und vor und nach ihm genug Platz zum Wenden ist, dann reicht 120 cm. Das ist die sogenannte „Kurzstreckenregel“. Aber hier liegt der häufigste Fehler. Viele Planer denken: „120 cm ist okay, egal wo.“ Nein. Nur, wenn die Flur-Länge unter 6 Metern liegt und du vor und nach dem Abschnitt eine Wendefläche von 150 cm x 150 cm hast. Sonst ist es nicht erlaubt. Und wer das ignoriert, baut nicht barrierefrei - er baut gefährlich.

Wann braucht man eine Begegnungsfläche?

Ein Flur von 15 Metern Länge - das ist lang. Und wenn da zwei Menschen mit Rollstühlen aufeinandertreffen, dann brauchen sie einen sicheren Platz zum Vorbeifahren. Die Norm sagt: Nach spätestens 15 Metern muss eine Begegnungsfläche von 180 cm x 180 cm eingebaut werden. Das ist eine kleine Quadratfläche, wo beide sich ausweichen können, ohne in eine Tür oder eine Ecke zu fahren.

Das ist besonders wichtig in Mehrfamilienhäusern, wo Flure oft lang und schmal sind. Oft wird diese Fläche weggelassen, weil der Platz knapp ist. Aber was dann passiert: Menschen fahren nicht mehr durch den Flur. Sie nehmen den Umweg über das Treppenhaus oder das Wohnzimmer. Sie verlieren ihre Unabhängigkeit. Und das ist genau das, was barrierefreies Bauen verhindern soll.

Ein 150 cm x 150 cm großer Wendekreis für einen Rollstuhl in einem Flur mit ausreichend Platz.

Was ist mit privaten Räumen - Bad, Schlafzimmer, Küche?

In Räumen, wo sich nur eine Person bewegt, reicht ein Bewegungsflächen von 1,20 m x 1,20 m. Das ist die minimale Fläche, um mit einem Rollstuhl zu wenden. In einem Bad reicht das, wenn die Toilette, die Dusche und das Waschbecken so platziert sind, dass man von allen Seiten heranfahren kann. Aber: Wenn du einen Pfleger brauchst, dann brauchst du mehr Platz. Mindestens 1,50 m x 1,50 m, damit zwei Personen gleichzeitig arbeiten können - eine vorne, eine hinten.

Die Küche ist ein besonderer Fall. Ein Rollstuhl muss an den Arbeitsplatz heranfahren können. Die Arbeitsfläche muss 75 cm hoch sein - nicht 85 cm wie bei Standardküchen. Und unter dem Waschbecken und dem Herd muss mindestens 70 cm Freiraum sein, damit die Beine unter den Arbeitsplatten passen. Viele Küchen werden heute schon so gebaut - aber oft ohne dass der Bauherr weiß, warum.

Wie steht es mit der Zukunft? DIN EN 17210 kommt

Die DIN 18040 ist aktuell die geltende Norm. Aber sie wird nicht für immer bleiben. Seit 2021 gibt es die europäische Norm DIN EN 17210 - und sie wird bis 2027 die deutsche Norm ersetzen. Die neue Norm ist noch umfassender. Sie berücksichtigt nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern auch Menschen mit Demenz, Sehbehinderungen oder kognitiven Einschränkungen. Sie legt klare Regeln für Außenbereiche, Taktile Leitsysteme und Lichtverhältnisse fest.

Die Maße für Türen und Wenderadien bleiben aber fast gleich. Das heißt: Wer heute nach DIN 18040 baut, baut nicht verkehrt - er baut schon zukunftssicher. Die neue Norm wird nur die Lücken schließen, die die alte hatte. Zum Beispiel: Die DIN 18040 sagt fast nichts über Licht. Die DIN EN 17210 wird fordern, dass Flure mit mindestens 150 Lux ausgeleuchtet sind - und dass Kontraste zwischen Boden und Wand stark genug sind, damit Menschen mit Sehbehinderung Hindernisse erkennen.

Eine 180 cm x 180 cm große Begegnungsfläche in einem langen Flur, wo zwei Personen mit Gehhilfen vorbeifahren können.

Was passiert, wenn du die Norm ignorierst?

Es gibt keine Strafe, wenn du in deinem privaten Zuhause eine 70 cm breite Tür einbaust. Aber: Wenn du eine Wohnung vermietest oder verkaufst, dann musst du sie barrierefrei machen - wenn jemand mit Behinderung sie braucht. Das ist im Baurecht so geregelt. Und wenn du eine öffentliche Einrichtung baust - eine Arztpraxis, ein Café, ein Wohnheim - dann ist die DIN 18040 gesetzlich verpflichtend. Und wenn du sie nicht einhältst, kannst du verklagt werden.

Und dann ist da noch der praktische Nachteil: Eine nicht barrierefreie Wohnung ist schwerer zu vermieten. Die Nachfrage nach barrierefreiem Wohnraum steigt. Im Jahr 2040 wird fast jeder dritte Deutsche über 65 Jahre alt sein. Und viele von ihnen wollen zu Hause bleiben - aber nur, wenn es möglich ist. Eine Wohnung mit zu schmalen Türen und ohne Wendeflächen wird bald unvermietbar sein.

Was kannst du jetzt tun?

  • Wenn du renovierst: Messe deine Türen. Ist eine Tür schmaler als 80 cm? Dann ersetze sie. Ein neuer Türrahmen kostet 300-600 € - aber er erhöht den Wert deiner Wohnung.
  • Prüfe deine Flure: Sind sie länger als 6 Meter? Dann brauchst du eine Begegnungsfläche. Ein kleiner Ausbau an einer Wand reicht - und schon ist es sicher.
  • Vermeide Türschwellen. Sie sind ein Stolperfall. Eine ebenerdige Dusche ist kein Luxus - sie ist eine Notwendigkeit.
  • Frage einen Experten. Die DIN 18040 ist technisch präzise - aber schwer verständlich. Ein Architekt mit Barrierefreiheit-Zertifikat spart dir später Ärger und Kosten.

Barrierefreies Bauen ist kein Verbot. Es ist eine Chance. Eine Chance, Wohnen für alle zu machen - für Kinder, für ältere Menschen, für Menschen mit Behinderung, für dich, wenn du eines Tages nicht mehr so beweglich bist wie heute. Die Maße sind klar. Die Regeln sind da. Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum, nicht zu versagen.

Wie breit muss eine Tür mindestens sein, damit ein Rollstuhl durchpasst?

Eine Tür muss mindestens 80 Zentimeter breit sein, damit ein Standardrollstuhl durchpasst. Für mehr Komfort und Sicherheit - besonders in Fluren oder bei Begegnungen - ist 90 cm empfohlen. Türen in öffentlichen Gebäuden müssen immer 90 cm breit sein, das ist gesetzlich vorgeschrieben.

Darf ich in einem Flur 120 cm Breite nehmen, wenn ich keinen Platz habe?

Ja - aber nur unter strengen Bedingungen: Der Flur darf nicht länger als 6 Meter sein, und vor und nach diesem Abschnitt muss eine Wendefläche von mindestens 150 cm x 150 cm vorhanden sein. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, ist 120 cm nicht zulässig. Viele Planer übersehen diese Regel - und bauen dann unsicher.

Wie groß muss eine Wendefläche für einen Rollstuhl sein?

Eine Wendefläche für einen Rollstuhl muss mindestens 150 cm x 150 cm groß sein. In Räumen, wo nur eine Person sich bewegt (z. B. Bad oder Schlafzimmer), reicht 120 cm x 120 cm. Für Begegnungen von zwei Rollstühlen oder in Fluren brauchst du 180 cm x 180 cm - das ist die Begegnungsfläche.

Ist eine Tür mit einer Federmechanik barrierefrei?

Ja - aber nur, wenn die Feder so eingestellt ist, dass die Tür nicht zu schnell zufällt und nicht mehr als 30 Newton Kraft zum Öffnen benötigt. Eine zu starke Feder kann gefährlich sein - besonders für Menschen mit eingeschränkter Kraft oder bei Kindern. Elektrische Öffner oder Schiebetüren sind sicherer.

Wird die DIN 18040 bald abgeschafft?

Nein - aber sie wird schrittweise durch die europäische Norm DIN EN 17210 abgelöst, die ab 2026 in neuer Fassung erscheint. Die Maße für Türen und Wenderadien bleiben weitgehend gleich. Wer heute nach DIN 18040 baut, baut zukunftssicher. Die neue Norm erweitert nur die Anforderungen - etwa bei Licht, Taktile Leitsystemen und Außenbereichen.

Barrierefreiheit ist kein Ziel, das man erreicht - sie ist ein Prinzip, das man lebt. Und sie beginnt mit einer Tür, die zu weit ist, und einem Flur, der breit genug ist, damit jeder durchkommt.