Viele Bauherren stehen vor dem Problem, dass genehmigte Bauprojekte nicht rechtzeitig starten - und plötzlich ist die Genehmigung hinfort - weil die Frist abgelaufen ist. Dieser Artikel erklärt, was hinter dem Bauüberhang steckt, welche gesetzlichen Fristen gelten, warum Genehmigungen verfallen und wie Sie als Bauherr die Gefahr eines erloschenen Rechts vermeiden.
Wichtige Punkte
- Die Standardfrist für Baugenehmigungen liegt in den meisten Bundesländern bei drei Jahren.
- In Bayern kann die Frist auf Antrag bis zu vier Jahre verlängert werden, in Niedersachsen maximal drei.
- Im Jahr 2023 erlösten rund 22.700 Genehmigungen, ein Rekord seit 2006.
- Ein erloschener Bauüberhang kostet Zeit, Geld und erhöht den Druck auf den Wohnungsmarkt.
- Fristverlängerungen müssen rechtzeitig, schriftlich und gebührenpflichtig beantragt werden.
Bauüberhang ist ein Begriff, der das Ungleichgewicht zwischen erteilten Baugenehmigungen und tatsächlich fertiggestellten Bauvorhaben beschreibt. Er entsteht, wenn Genehmigungen verfallen, Bauzeiten sich verlängern oder Projekte aus anderen Gründen gestoppt werden.
Baugenehmigung ist die behördliche Erlaubnis, ein Bauvorhaben auszuführen. Sie ist an bestimmte Fristen gebunden - verpasst man den Baubeginn, erlischt das Recht, das Projekt zu realisieren.
1. Was ist ein Bauüberhang und warum entsteht er?
Der Bauüberhang misst die Differenz zwischen der Zahl aller erteilten Baugenehmigungen und der Zahl der fertiggestellten Gebäude. Im Jahr 2021 lag dieser Wert bei 845.000 Wohnungen, davon fast 70 % in städtischen Räumen. Die wichtigsten Ursachen sind:
- Fristüberschreitungen - wenn der Baubeginn nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgt.
- Planungsunsicherheiten durch geänderte Bauvorschriften (z. B. neue Energieeinsparverordnung).
- Finanzierungsengpässe, Materialknappheit und Fachkräftemangel.
- Strategische Doppelgenehmigungen, die bei Planänderungen entstehen.
Jedem dieser Punkte liegt ein rechtlicher Mechanismus zugrunde, der das Verfallen von Genehmigungen regelt.
2. Gesetzliche Grundlagen: Fristen und Verfall
Die Fristregelungen finden sich in den 16 Landesbauordnungen (LBO). Die meisten Bundesländer setzen eine dreijährige Frist nach Erteilung der Genehmigung. Innerhalb dieser Zeit muss mit den Bauarbeiten begonnen werden. Kommt es zu einer Unterbrechung von drei Jahren, erlischt die Genehmigung ebenfalls.
Besonders hervorzuheben sind:
- Art. 69 Bayerische Bauordnung (BayBO): Auf schriftlichen Antrag kann die Frist bis zu vier Jahre verlängert werden, sofern das Vorhaben den aktuellen Vorschriften entspricht.
- § 71 Niedersächsische Bauordnung (NBauO): Höchstfrist von drei Jahren, Verlängerung ebenfalls möglich, aber max. drei weitere Jahre.
Die Verlängerung ist nur wirksam, wenn der Antrag vor Ablauf der ursprünglichen Frist bei der Baubehörde eingeht und die Unterlagen vollständig sind.
3. Landesvergleich - Wo gelten welche Fristen?
| Bundesland | Standardfrist | Mögliche Verlängerung | Max. Gesamtdauer |
|---|---|---|---|
| Bayern | 3 Jahre | schriftlich, bis zu 1 Jahr | 4 Jahre |
| Niedersachsen | 3 Jahre | schriftlich, bis zu 3 Jahre | 6 Jahre |
| Berlin | 3 Jahre | nachweislich nötig, max. 2 Jahre | 5 Jahre |
| Nordrhein‑Westfalen | 3 Jahre | auf Antrag, max. 2 Jahre | 5 Jahre |
| Hamburg | 3 Jahre | nach telefonischer Voranfrage, max. 1 Jahr | 4 Jahre |
Die Tabelle zeigt, dass nur Bayern eine einjährige Verlängerung erlaubt, während Niedersachsen bis zu drei Jahre nachträglich beantragt werden können. Bauherren sollten die jeweiligen Landesvorschriften genau prüfen, um böse Überraschungen zu vermeiden.
4. Aktuelle Zahlen - Wie stark ist der Verfall?
Die Statistiken des Bundesinstituts für Bau‑, Stadt‑ und Raumforschung (BBSR) geben einen klaren Überblick:
- 2023 vergingen 22.700 Baugenehmigungen fristlos.
- 2024 waren nur rund 5 % aller erteilten Genehmigungen erloschen - trotzdem ein signifikanter Anteil, weil jede erloschene Genehmigung ein potenziell fertigstellbares Wohnobjekt bedeutet.
- 48 % der genehmigten Wohnungen starteten 2024 noch nicht, 24 % waren nicht fertiggestellt und 28 % erreichten Rohbaufertigstellung.
Die Zahlen belegen, dass die Verzögerungen nicht nur ein statistisches Phänomen sind, sondern direkte Konsequenzen für den knappen Wohnungsmarkt haben. Experten schätzen, dass bis 2025 ein Bauüberhang von über einer Million Wohnungen entstehen könnte, wenn die Fristproblematik nicht gelöst wird.
5. Konsequenzen des Verfalls für Bauherren und Investoren
Ein erloschener Bauplan bedeutet nicht nur verlorene Genehmigungskosten, sondern auch:
- Keine Durchsetzung von Investitionszusagen gegenüber Banken.
- Erhöhter Aufwand für Neuanträge - oft mit geänderten Auflagen.
- Verlust von Fördermitteln, die an die Einhaltung von Fristen gekoppelt sind.
- Steigende Baupreise, weil das Projekt neu ausgeschrieben werden muss.
Für Investoren ist das Risiko einer Fristüberschreitung ein kritischer Faktor bei der Bewertung von Projektportfolios.
6. Praktische Tipps: So beantragen Sie eine Fristverlängerung rechtzeitig
Damit Ihr Vorhaben nicht wegen einer verpassten Frist im Sande landet, sollten Sie folgende Schritte beachten:
- Frist im Blick behalten: Tragen Sie den Baubeginn‑Stichtag in Ihren Projekt‑Kalender ein und setzen Sie Erinnerungen 6 Monate vor Ablauf.
- Unterlagen prüfen: Stellen Sie sicher, dass Baupläne, Statik und Energiebedarf den aktuellen Landesvorschriften entsprechen.
- Schriftlichen Antrag erstellen: Formulieren Sie ein kurzes Anschreiben, das die Projektnummer, den Grund der Verlängerung (z. B. Materialknappheit) und den gewünschten neuen Termin nennt.
- Gebühren kalkulieren: Die Kosten liegen je nach Bundesland zwischen 200 € und 2.000 €, je nach Umfang des Vorhabens.
- Rechtzeitig einreichen: In Bayern muss der Antrag mindestens 30 Tage vor Ablauf bei der Baubehörde eingehen; in anderen Ländern kann die Frist kürzer sein, meist 14 Tage.
- Bestätigung sichern: Lassen Sie sich den Bewilligungsbescheid schriftlich zuschicken und archivieren Sie ihn digital.
Wenn Sie die Verlängerung zu spät beantragen, kann die Behörde das Recht auf Baumaßnahme komplett ablehnen - dann muss ein kompletter Neuantrag gestellt werden.
7. Ausblick: Wie könnte die Politik das Problem lösen?
Die Bundesregierung hat im September 2023 die „Wohnraumoffensive“ gestartet, die unter anderem Fristflexibilisierungen vorsieht. Experten fordern jedoch weitergehende Reformen:
- Einheitliche Frist von maximal vier Jahren bundesweit, um Planungsunsicherheit zu reduzieren.
- Automatisierte digitale Verlängerungsplattformen, die Anträge in 48 Stunden prüfen.
- Verknüpfung von Förderprogrammen mit verpflichtenden Fortschrittsberichten.
- Strengere Sanktionen für wiederholte Fristverletzungen, um Missbrauch zu verhindern.
Langfristig wird die Anpassung der Fristen an die realen Bauzeiten - die laut KfW jetzt bei durchschnittlich 26,5 Monaten liegen - das zentrale Werkzeug sein, um den Bauüberhang zu senken.
Häufig gestellte Fragen
Wie lange darf ich nach Erhalt einer Baugenehmigung bauen, bevor sie verfällt?
In den meisten Bundesländern beträgt die Standardfrist drei Jahre. In Bayern kann diese Frist auf Antrag bis zu vier Jahre betragen, in Niedersachsen bis zu sechs Jahre inklusive maximaler Verlängerungen.
Muss ich für jede Verlängerung erneut Gebühren zahlen?
Ja. Jede beantragte Verlängerung wird mit einer Verwaltungsgebühr belegt, die je nach Bundesland zwischen 200 € und 2.000 € variiert. Die Kosten sollen den Aufwand für die Prüfung durch die Behörde decken.
Kann ich eine bereits erloschene Genehmigung wieder aktivieren?
Nein. Sobald die Frist abgelaufen und die Genehmigung erloschen ist, muss ein neuer Antrag gestellt werden. Dabei können geänderte Bauvorschriften neue Auflagen bedeuten.
Welche Folgen hat ein erloschener Bauüberhang für die Wohnungsversorgung?
Ein hoher Bauüberhang bedeutet, dass geplante Wohnungen nicht entstehen. Dadurch steigt die Wohnungsnachfrage, die Mietpreise steigen und die Bauwirtschaft verliert Aufträge - ein Teufelskreis, der die Wohnungsnot verschärft.
Wie kann ich das Risiko von Fristüberschreitungen minimieren?
Planen Sie großzügige Pufferzeiten, verfolgen Sie Material- und Lieferkettenentwicklungen, und stellen Sie Fristverlängerungsanträge frühzeitig - idealerweise 6 Monate vor Ablauf.
Der Bauüberhang ist also kein abstrakter Zahlenwert, sondern das Ergebnis konkreter Fristversäumnisse und Marktbedingungen. Wer die gesetzlichen Vorgaben kennt, frühzeitig handelt und die Beantragung von Fristverlängerungen systematisch einbaut, kann das Risiko eines erloschenen Rechts und damit verbundene Kosten deutlich senken.
Jill Kummerer
Oktober 25 2025Dieses "Bauüberhang"-Gerede ist doch reine Bürokratenpropaganda, die den echten Bauern nichts nützt.
Wer die Fristen nicht einhält, hat einfach kein Durchhaltevermögen.